Gemäß Schätzungen der WHO hat sich die Anzahl der Diabetiker weltweit von 4,7% im Jahr 1980 auf 8,5% im Jahr 2014 fast verdoppelt. Die Mehrzahl der Patienten leidet an Typ-2-Diabetes. Dabei steigt die Anzahl der Typ-2-Diabetiker mit dem Ausmaß der Überernährung.
Daraus ergeben sich große Herausforderungen für die Patienten wie auch für das Gesundheitssystem. Bei Diabetikern ist die Komplikationsrate für Herzinfarkt, Herzinsuffizienz und Schlaganfall ca. 2- bis 3-fach erhöht. Auch das Risiko für andere gefährliche Folgeerkrankungen (z.B. diabetisches Fußsyndrom, diabetische Retinopathie, Nephropathie und Neuropathie) ist hoch. Diabetes mellitus ist eine Erkrankung, die Lebenserwartung und Lebensqualität der Patienten deutlich einschränkt. Die Therapie insbesondere der Komplikationen ist aufwendig.
In den ayurvedischen Quellentexten findet sich das klassische Krankheitsbild madhumeha als Entsprechung für Diabetes mellitus. Madhumeha lässt sich als „übermäßiger (honig)süßer Urinfluss“ übersetzen. Wie in der Schulmedizin werden im Ayurveda zwei Unterarten differenziert: kṛśa-pramehī (entspricht Typ-1-Diabetes) und sthūla-pramehī (entspricht Typ-2-Diabetes). Beide Arten werden prognostisch als unheilbar, aber therapeutisch kontrollierbar (sogenannte yāpya-Klassifikation) eingeschätzt.
Auch aus ayurvedischer Sicht ist Diabetes mellitus ist eine Lifestyle-Erkrankung. Für die Entstehung von madhumeha beschreibt der Ayurveda vielfältige ätiologische Faktoren (hetus) aus den Bereichen Ernährung und Verhalten. Auch eine genetische Komponente (v.a. bei Typ 1) wird in den klassischen Texten erwähnt. Die beschriebenen Ursachen führen zur Provokation der doṣas (besonders vāta und kapha), welche sich schließlich aufgrund einer Störung der Transporträume (srotas) in vielfältigen geschwächten Strukturen (dūṣyas) des Körpers lokalisieren und diese schädigen. Madhumeha ist eine Multi-Organerkrankung. Bei Diabetes sind alle dhātus als dūṣyas (geschädigte Körperkomponenten) an der Pathogenese beteiligt. Auch ojas ist involviert. Dies zeigt die Komplexität der Erkrankung.
Trotz dieser Komplexität bietet die Ayurveda-Medizin effektive, klinisch erprobte Therapiekonzepte für Diabetes mellitus wie auch für die chronischen Komplikationen der Erkrankung. Auch im Bereich der Prävention bietet der Ayurveda zahlreiche simple, aber wirksame Empfehlungen, um der Entstehung von Diabetes mellitus vorzubeugen. Gerade für Menschen mit familiärer Diabetes-Neigung ist die Befolgung präventiver Empfehlungen besonders wichtig.
Eine bestehende Insulinpflicht kann Ayurveda zwar nicht rückgängig machen, jedoch lässt sich die Insulin-Dosis durch Ayurveda-Therapie und gesunde Lebensführung des Patienten oft signifikant reduzieren.
Als bewährte Therapieelemente bei Diabetes verwendet die Ayurveda-Medizin vor allem körperliche Reinigungstherapien (śodhana), verschiedene Heilmittel (v.a. mit bitterer = antidiabetischer Geschmacksrichtung), eine individualisierte Ernährungs- und Ordnungstherapie, rasāyana-Therapien sowie Techniken zur psychischen Harmonisierung. Für die Therapie der chronischen Komplikationen von Diabetes mellitus existieren jeweils spezifische Therapieverfahren.
Bei stark ausgeprägtem Diabetes ist eine stationäre Therapie zunächst vorzuziehen. Später bzw. bei milderer Ausprägung der Erkrankung ist auch eine ambulante Therapie der Patienten möglich.
Im Workshop werden die obenstehenden Inhalte detaillierter erläutert und weiter ausgeführt. Es erfolgt die Darstellung der Ätiopathogenese, Symptomatologie, Therapiestrategie sowie der Therapieprinzipien von Diabetes mellitus aus ayurvedischer Sicht. Auch präventive Empfehlungen werden angesprochen.
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